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EU-Agrarreform: Ziel erreicht oder Augenwischerei?

DJV bewertet nationale Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik mit gemischten Gefühlen.

Der DJV begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung mit dem gestern verabschiedeten „Direktzahlungen-Durchführungsgesetz“ Dauergrünland durch eine Genehmigungs- und Ausgleichspflicht besser schützen will. Für Ackerland fällt die Bewertung des Deutschen Jagdverbandes (DJV) dagegen gemischt aus. Positiv beurteilt der Dachverband der Jäger die Anbaudiversifizierung, nach der Landwirte bei mehr als 30 Hektar Anbaufläche künftig drei Kulturen anbauen müssen, um die volle Förderung zu erhalten. „Damit wird die Anbauvielfalt auf der Ackerfläche gesteigert“, so DJV-Geschäftsführer Andreas Leppmann. Positiv seien auch die Gewichtungsfaktoren für die Berechnung ökologischer Vorrangflächen, die wertvolle Pufferstreifen begünstigten.
Mit gemischten Gefühlen sieht der DJV hingegen die Anerkennung von Zwischenfrüchten als ökologische Vorrangflächen. Diese können zwar in einigen Teilen Deutschlands positiv wirken, in den Flächenländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern ändert sich jedoch am Status Quo faktisch nichts. Dort werden bereits heute großflächig Senf und Phacelia als Zwischenfrucht angebaut, was durchaus positiv ist für viele Offenlandarten. Die EU-Vorgabe, fünf Prozent ökologische Vorrangflächen zu schaffen, wird damit allerdings von den meisten Betrieben bereits erfüllt.
„Darüber hinaus droht sogar eine Intensivierung der Landwirtschaft durch die Hintertür“, so Leppmann. Durch die verabschiedeten Gesetzesvorgaben zur Zwischenfrucht wird nicht explizit ausgeschlossen, dass auf derselben Fläche innerhalb von zwölf Monaten gleich zwei Ernten eingefahren werden und sie trotzdem als ökologische Vorrangfläche gelten: Ein Futterroggen-Weizengemisch, das beispielsweise zum 1. Oktober nach der Mais-Ernte als Zwischenfrucht eingesät wird, könnte dann im darauf folgenden Mai für die Biogasproduktion geerntet werden. Gleiches gilt für Untersaaten von Gras im Mais. „Zwischenfruchtanbau in dieser Form lehnen wir Jäger strikt ab, diese Intensivierung ist das Gegenteil dessen was die EU mit ‚Greening‘ beabsichtigt. Wenn ökologische Vorrangflächen zur Brut- und Setzzeit abgeerntet werden dürften, ist das eine ökologische Katastrophe“, so Leppmann. Selbst ausgewachsene Rehe und Hasen liefen Gefahr, von den schnellen Erntemaschinen im Frühjahr erfasst und gehäckselt zu werden, so Leppmann.
Die Möglichkeit, Zwischenfrüchte als Greening-Maßnahme anzuerkennen, darf nicht zur ökologischen Falle für unsere Wildtiere werden. Der DJV fordert das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, seinen Spielraum voll auszuschöpfen und in den geplanten Rechtsverordnungen die aufgezeigten Risiken auszuräumen. „Es wird in der Praxis entscheidend darauf ankommen, dass Landwirte und Jäger die EU-Agrarreform gemeinsam zugunsten gefährdeter Offenlandarten wie Rebhuhn, Feldlerche oder Feldhase umsetzen“, betonte Leppmann.

Positiv bewertet der DJV im Detail:

  • Anbaudiversifizierung: Landwirtschaftliche Betriebe mit über 30 Hektar Anbaufläche müssen drei verschiedene Kulturen anbauen, um weiterhin die vollen Prämien zu bekommen. Insbesondere Biogasanlagenbetreiber müssen jetzt statt 100 Prozent Mais noch zwei weitere Kulturen anbauen. Die Hauptkultur darf nur 75 Prozent ausmachen.
  • Flächen im Umweltinteresse: Landwirte werden verpflichtet, ab 15 Hektar Ackerfläche auf mindestens 5 Prozent der Fläche sogenannte „Flächen im Umweltinteresse“ – also ökologische Vorrangflächen – einzurichten. Dafür kommen beispielsweise Zwischenfrüchte, Agroforstflächen, Feldgehölze oder Pufferstreifen in Frage. Positiv sind bei Pufferstreifen:
    • der Umrechnungsfaktor von einem Meter Streifen (Breite derzeit nicht definiert) in sechs Quadratmeter Flächenäquivalenz
    • sowie der Gewichtungsfaktor 1,5.

Also: Ein Meter tatsächlich angelegter Pufferstreifen (z.B. entlang von Gewässdern) entspricht für die Berechnung der ökologischen Vorrangflächen 9 Quadratmetern. Im Vergleich dazu hat der Anbau von Zwischenfrüchten einen Faktor von 0,3 erhalten. Das bedeutet: Der Anbau von einem Quadratmeter Zwischenfrüchte entspricht 0,3 Quadratmetern ökologischer Vorrangfläche.

  • Verbot chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel: Auf den Zwischenfrucht-Flächen dürfen keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Der DJV fordert, beim Anbau von Eiweißpflanzen als Hauptfrucht – die ebenfalls als Greening-Maßnahme zugelassen sind – den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln so weit wie möglich zu verringern.