Aus der Zeit gefallen – ÖJV demonstriert Realitätsverlust
Trotz vernichtender Kritik aus vielen Bereichen demonstriert eine kleine Minderheit in Potsdam für den gescheiterten, wildfeindlichen Jagdgesetzentwurf von Minister Vogel. Der tatsächliche Zustand unserer Wildbestände, ökologische Zusammenhänge und die komplexen Ursachen für die Probleme beim Waldumbau werden völlig außer Acht gelassen.
(Michendorf, 8. Dezember 2022) „Es braucht nur eine Handvoll Patronen; oben Licht machen und unten Rehe schießen; das Wild wird unsere Zukunft auffressen“ – mit diesen wildfeindlichen und paramilitärischen Äußerungen versucht der Vorsitzende des sogenannten Ökologischen Jagdvereins (ÖJV) Berlin- Brandenburg und Erbe eines Großgrundbesitzes, Mathias Graf von Schwerin, seine Forderung nach einer rücksichtlosen Verdrängung von Wildtieren aus Brandenburgs Kulturlandschaft in der Öffentlichkeit zu platzieren. Der Wald soll zu einem ertragsoptimierten Holzlieferanten degradiert werden.
„Umfangreiche und komplexe Zusammenhänge eines Waldökosystems sind den Protagonisten des ÖJV offensichtlich nicht bekannt. Wer Rehe und Hirsche als Feind des Waldes darstellt und nach deren Bekämpfung ruft, hat Ökologie nicht verstanden. Es braucht ganz andere Lösungen als die Vernichtung der Wildbestände“, sagt Dr. Dirk- Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg.
Die Wildbestände in Brandenburg gehen seit über 10 Jahren deutlich zurück. Die Jägerinnen und Jäger haben ihre Verantwortung wahrgenommen und ihre Hausaufgaben gemacht. Die mageren Ergebnisse der gegenwärtig durchgeführten Drückjagden verdeutlichen diese Entwicklungen.
Über 90 Prozent der untersuchten Waldumbauflächen weisen zudem keine oder nur sehr geringe Verbissschäden auf – dies geht aus einem Bericht des Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde hervor. „Die vom ÖJV propagierten historisch hohen Wildbestände sind Geschichte. Unsere Jägerinnen und Jäger haben mittlerweile landesweit sogar akute Probleme, die behördlichen Vorgaben ihrer Abschusspläne überhaupt zu erfüllen“, sagt Dr. Wellershoff.
Zweifelsohne müssen insbesondere mit Hinblick auf den notwendigen Waldumbau, von Kiefernforsten hin zu stabilen Mischwäldern, alle Akteure ihren notwendigen Beitrag leisten. „Die pauschale Forderung nach einem nahezu vollständigen Abschuss von Reh und Hirsch wird diesem Anspruch nicht gerecht und wäre unverantwortlich“, sagt Dr. Wellershoff. Jagd und Forstwirtschaft in der Kulturlandschaft können zusammen scheitern oder es zusammen besser machen – einen dritten Weg gibt es nicht.
Brandenburg hat 1,1 Millionen Hektar Wald, davon sind 610.000 Hektar in privater Hand, davon rund 230.000 Hektar im Eigentum von Waldbesitzern mit weniger als 20 Hektar. Der LJVB sieht als ersten und wichtigsten Faktor, die rund 100.000 Privatwaldbesitzer zu informieren, zu fördern und Möglichkeiten aufzuzeigen, den Waldumbau auf ihren eigenen Flächen voranzutreiben. Dazu braucht es einen starken Landesforstbetrieb, der diese Aufgaben wahrnehmen muss.
Der LJVB fordert im Hinblick auf die einseitige und wildfeindliche Betrachtungsweise der Demonstranten in Potsdam weiterhin einen vielfältigen Lebensraum Wald zu unterstützen – die Anlage und Pflege von Waldinnenrändern sowie die von Biotopflächen staatlich zu fördern, um wiederkäuenden Wildtieren alternative und vielfältige Nahrungsangebote zu ermöglichen. Zudem müssen zeitlich flexible Areale ausgewiesen werden können, wo im Sinne einer intelligenten Jagdstrategie Wildruhezone geschaffen werden, während an Waldumbauflächen gleichzeitig gezielt und verstärkt bejagt wird.