Unzutreffende Fakten statt Argumente
Sehr geehrtes Redaktionsteam, sehr geehrter Herr Yogeshwar...
mit Ratlosigkeit und Enttäuschung haben wir Ihre Sendung Quarks & Co. vom 29. September d.J. („Brauchen wir noch Jäger?“) zur Kenntnis genommen. Dass Sie Ansichten, Kultur und Lebensweise von über 350.000 Jägerinnen und Jägern in Deutschland nicht teilen, ist Ihnen nicht vorzuwerfen. Dass ein gewisses Maß an Polemik und Polarisierung scheinbar zum journalistischen Handwerk gehört, mag sein.
Nicht zu verstehen ist jedoch, wenn, mit welcher Zielstellung auch immer, wissenschaftliche Prinzipien geopfert werden – zumal in einer Sendereihe, die genau von diesen Prinzipien lebt. Eine tatsächlich ernst gemeinte Fragestellung kann nur seriös erörtert werden, wenn gute Argumente für und wider vorgetragen und abgewogen werden. Dazu sollten auch knapp 43 Minuten einer Sendung ausreichen.
Wenn Sammlung, Vortrag und Wertung von Argumenten (bewusst oder unbewusst) lediglich in den Dienst eines schon vorab unumstößlichen Ergebnisses gestellt werden, ist das aus wissenschaftlicher Sicht bedenklich. Es kommt jedoch dem Überschreiten einer Roten Linie gleich, wenn in einem öffentlich rechtlichen Programm statt Argumenten unzutreffende Fakten präsentiert werden, um vorgefasste Auffassungen zu stützen.
In Ihrer Sendung stellen Sie im Kommentar zum Beitrag Ihres Kollegen Stern Zusammenhänge zwischen heutiger Jagd und Nazi-Ideologie her, die so nicht bestehen. Es ist schlicht unwahr, dass das Reichsjagdgesetz mit „Trophäenfixierung“ Göring´scher Prägung war. Die die Jagd im eigentlichen Sinne betreffenden Bestimmungen des Reichsjagdgesetzes fußen auf den Ergebnissen der bürgerlichen Revolution von 1848 und wurden in ihren Grundzügen (auch in Bezug auf Trophäen) von Otto Braun – einem Sozialdemokraten – fortgeschrieben. Bevor „sein“ Gesetz nach der Machtergreifung der Nazis den Reichstag passierte, hatte sich Braun bereits durch Flucht einer bevorstehenden Verhaftung entziehen müssen. Dass Göring den Braun´schen Gesetzesentwurf mit dem Gift von „Blut und Boden“ versetzte und dabei die Rolle eines „Reichsjägermeisters“ für sich selbst hineinschreiben ließ, ändert an den jagdfachlichen Grundzügen nichts. Die Trophäengüte als ein Indiz für die Beurteilung der Verfassung eines Wildbestandes heranzuziehen, hat nichts mit Nazi-Ideologie zu tun.
Nazi-Ideologie und unglaublicher Nazi-Terror erzeugten auf der Welt millionenfachen Tod, abermillionenfaches Leid, Vertreibung und Flucht. Fassungslosigkeit und Empörung sowie Trauer und Schuldgefühle hierüber wirken bis in unsere Tage nach. Die Generation der heute 50-Jährigen wuchs nicht selten ohne Großväter auf.
Wir halten es angesichts dieses grenzenlosen Leids für absolut unzulässig, Fassungslosigkeit, Empörung und Trauer auszunutzen und auf die heutige Jagd zu übertragen, indem Jagdausübung und Nazi-Ideologie in einen historischen Zusammenhang gestellt werden. Sie diffamieren damit über 350.000 Jägerinnen und Jäger sowie deren Angehörige und Freunde, die die Jagd als legitime Landnutzung und Teil der ländlichen Kultur ausüben bzw. unterstützen.
Wir bitten hiermit um Richtigstellung in geeigneter Form und an geeigneter Stelle.
Zum Schluss gestatten Sie uns bitte noch einen Hinweis: Wir Jägerinnen und Jäger sehen uns nicht als Randgruppe. 350.000 Jägerinnen und Jäger sowie deren Angehörige und Freunde sind Bürgerinnen und Bürger dieses Landes! Die Jagdverbände haben mehr Mitglieder als manche politische Partei. Der Deutsche Jagdverband ist bundesweit der einzige Naturschutzverband, der sich mit seinen freiwillig und ehrenamtlich in ihrer Freizeit tätigen Mitgliedern flächendeckend und 12 Monate im Jahr für die Belange des Ökosystems in unserer Kulturlandschaft engagiert.
JV Bernau