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Rehe sind keine Schädlinge! Landesjagdverband kritisiert Änderung des Landesjagdgesetzes

Rehböcke dürfen künftig im Winter geschossen werden, Abschusspläne für Rehwild entfallen. Die Verantwortung der Jagdausübungsberechtigten steigt.

Heute wurde die Änderung des Landesjagdgesetzes gegen die Stimmen der CDU-Fraktion beschlossen. Das neue Gesetz schafft die Ermächtigung für den zuständigen Minister, Jagdzeiten für Wild abweichend vom Bundesjagdgesetz verlängern und nach Jagdarten unterscheiden zu dürfen. Der zuständige Ausschuss muss lediglich informiert werden, ein Einvernehmen ist nicht herzustellen. Begründet wird dies mit dem Wunsch, künftig Rehböcke auch auf Treibjagden im Herbst und Winter schießen zu dürfen. Dies ist noch verboten. Der Gesetzgeber erhofft sich von der Jagdzeitverlängerung, dass mehr Rehe geschossen werden, um den Waldbau profitabler zu machen. Rehe fressen unter anderem die Triebe von Bäumen und mindern aufgrund teilweise hoher Populationen mancherorts den Ertrag. 
„Wir fürchten, dass diese Regelung einer geistigen Haltung Vorschub leistet, die Rehe als Schädlinge betrachtet“, kritisiert Dr. Wolfgang Bethe, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg. Mit der Regelung erhalten die männlichen Rehe eine Jagdzeit von 8 bis 9 Monaten gegenüber 5 Monaten auf weibliches Rehwild. Dies führt unweigerlich zu einem höheren Anteil geschossener Rehböcke an der Gesamtstrecke. „Das ist kontraproduktiv“, sagt Bethe. „Wenn wir den Bestand reduzieren wollen, müssen wir weibliche Tiere schießen. Böcke kriegen nun mal keine Kitze.“ Der Landesjagdverband hatte im Vorfeld die geplanten Änderungen scharf kritisiert. Erstmals seit der Wende lehnte er eine Änderung des Landesjagdgesetzes ab.
„Wir bedauern, dass unsere Einwände in diesem Punkt nicht berücksichtigt wurden. Nun liegt es in der Verantwortung der Jagdausübungsberechtigten, wie mit den neuen Möglichkeiten umgegangen wird“, sagt Bethe. Der Landesjagdverband bekennt sich ausdrücklich zu einer scharfen Bejagung des Schalenwildes. „Dort, wo überhöhte Bestände vorhanden sind, muss konsequent eingegriffen werden“, betont Bethe. „Dies ist aber auch mit den derzeitigen Jagdzeiten möglich.“
Darüber hinaus entfällt mit dem Gesetz die Pflicht für Jäger, einen jährlichen Abschussplan für Rehwild bei der Behörde einzureichen. Hierin musste für jedes Revier genau angegeben werden, wie viele männliche und weibliche Tiere einer Art geschossen werden müssen. „Diese Änderung begrüßen wir ausdrücklich“, so der Präsident. Die Erfahrung habe gezeigt, dass seriöse Bestandsschätzungen beim Rehwild kaum möglich sind. Meist wird die wirkliche Anzahl der auf einem Gebiet lebenden Tiere unterschätzt. Außerdem ist es den Behörden aufgrund der großen Zahl an Revieren so gut wie nicht möglich, diese Abschusspläne effizient zu kontrollieren. „Daher ist es gut und richtig, diese Planung den wirklich Betroffenen – nämlich den Grundeigentümern und den Jagdpächtern – zu überlassen. Diese kennen die örtlichen Verhältnisse am besten“, sagt Bethe. Eine ähnliche Regelung wäre seiner Auffassung nach auf für Wildschweine wünschenswert.
Mit der unbürokratischen Regelung wird man der kleinflächigen Lebensweise des Rehwildes deutlich besser gerecht und schafft wirklichen Bürokratieabbau. Er bedauerte allerdings, dass keine verbindlichen Regelungen für die Abstimmung zwischen Pächter und Verpächter festgeschrieben wurden.
Der Landesjagdverband Brandenburg e.V. ist die Interessenvertretung der Jägerinnen und Jäger im Land. Mit knapp 10.000 Mitgliedern vertritt er über 80 Prozent der Jäger in Brandenburg. Im letzten Jagdjahr wurden in Brandenburg 73.875 Rehe erlegt. Das Rehwild hat damit einen Anteil von 43 Prozent an der Schalenwildstrecke des Landes.
LJVB