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Neue DVO – und nun?

Die Sache mit dem Wildschadenersatz im Wald …

Worum geht es? Nach dem Bundesjagdgesetz (BJagdG) ist Ersatz an Forstkulturen, die keine Hauptbaumarten sind, nur dann ersatzpflichtig, wenn „übliche Schutzvorrichtungen“ vorhanden sind, in der Regel also geeignete Einzäunungen (§ 32 Abs. 2 BJagdG). Der Begriff der Hauptholzart ist ein sogenannter „unbestimmter Rechtsbegriff“. Nach der Rechtsprechung werden als Hauptholzarten diejenigen Arten bezeichnet, die auch ohne Einzäunung häufiger als nur vereinzelt vorkommen bzw. mehr als 5% der Waldfläche ausmachen (vergl. Schuck „Bundesjagdgesetz“ § 32 Rn. 16). Bei allen anderen Arten wird Wildschadenersatz nur geschuldet, wenn eine (teure) Einzäunung vorhanden ist.

Wer also in einem Jagdbezirk neue Baumarten einbringen will, z.B. für einen „Waldumbau“, muss diese entweder einzäunen oder auf Wildschadenersatz verzichten.

Dies nahm der Verordnungsgeber zum Anlass, von der Abweichungsbefugnis des § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG und der Verordnungsermächtigung des § 45 Abs. 1 des Brandenburgischen Jagdgesetzes (BbgJagdG) Gebrauch zu machen, und in § 8 der Durchführungsverordnung (DVO) u.a. Rotbuche, Stieleiche, Traubeneiche, Birke und Eberesche kraft Verordnung zu Hauptholzarten zu erklären. Neben der bundesrechtlichen „tatsächlichen Hauptholzart“ gibt es in Brandenburg nunmehr also auch „gesetzliche Hauptholzarten“. Ob dem Verordnungsgeber hier ein Meisterstück der Verordnungsformulierung geglückt ist, mag dahin gestellt bleiben.

Nach § 8 Abs. 1 DVO ist nunmehr auch an gesetzlichen Hauptholzarten Wildschaden zu ersetzen, obwohl diese im Regelfall einer erhöhten Schadensgefahr ausgesetzt sind.

Was bedeutet dies für den Jagdpächter?

Man könnte vermuten, dass derjenige Pächter, der (leichtsinniger Weise) den kompletten Wildschadenersatz übernommen hat, nunmehr auch für den Schaden an gesetzlichen Hauptholzarten aufkommen muss. Dies dürfte jedoch nicht der Fall sein. Nach der Rechtsprechung kommt es bei der Frage, welches die Hauptholzarten sind, auf die Struktur des Waldes bei Vertragsabschluss an. Ändert sich während der Pachtzeit diese Struktur (bestimmte Arten werden zu tatsächlichen Hauptholzarten, sind also auch tatsächlich keiner erhöhten Gefährdung mehr ausgesetzt), so sind dies immer noch keine Hauptholzarten im Sinne der jagdpachtvertraglichen Regelungen (vergl. Schuck § 32 Rn. 17). Der Pächter haftet nur uneingeschränkt für Schäden an Holzarten, die zu Vertragsbeginn tatsächlich keiner erhöhten Gefährdung ausgesetzt waren. Dies muss erst recht gelten, wenn während der Pachtzeit – mehr oder weniger willkürlich – „Hauptholzarten“ hinzukommen, die keine tatsächlichen Hauptholzarten sind und deswegen einer erhöhten Schadensgefahr ausgesetzt sind. Schadenersatzleistungen an gesetzlichen Hauptholzarten ohne üblichen Schutz sollten deshalb durch die Inhaber von „Altverträgen“ grundsätzlich abgelehnt werden.

Bei Abschluss neuer Jagdpachtverträge ist allerdings dringend darauf zu achten, dass Wildschadenersatzregelungen sich ausdrücklich nur auf tatsächliche Hauptholzarten beziehen, idealerweise nennt man diese im Vertrag, wenn man denn überhaupt noch bereit ist, Wildschadenersatzpflichten zu übernehmen.

 

Rechtsanwalt Jens Ole Sendke,

Justitiar des Landesjagdverbandes Brandenburg