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LJVB-Symposium zur Rolle der Hegegemeinschaften

In jüngerer Vergangenheit kam es verstärkt zu Interessenkonflikten der Jagdausübungsberechtigen, die teilweise zu Austritten und sogar zu Auflösungen von Hegegemeinschaften führen. Der LJVB lud Akteure aus Jägerschaft, Verwaltung, Landesforstbetrieb und Wissenschaft ein, um über die Rolle und Aufgaben der Hegegemeinschaften zu diskutieren.

Schloss Diedersdorf, 08.10.2016. Zirka 100 Personen waren der Einladung von LJVB- Präsident Dr. Dirk-Henner Wellershoff gefolgt, in würdiger Atmosphäre über die Zukunft der Hegegemeinschaften (HG) zu diskutieren. Den inhaltlichen Rahmen bildeten hochkarätig besetzte Vorträge.

Das Einstiegsreferat hielt Dr. Frank Tottewitz vom Thünen-Institut für Waldökosysteme. Er nahm Bezug auf die aktuelle Statistik und sprach von einem möglichen Wendepunkt im Hinblick auf die Höhe der erzielten Damwildstrecke. Die Schwarzwildstrecke steige weiter unvermindert. Insgesamt würden derzeit im Brandenburger Durchschnitt pro Jahr auf 100 Hektar bejagbarer Fläche acht Stück Schalenwild erlegt. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass die Reviere südlich von Berlin flächendeckend von Wölfen besiedelt sind. Folge: Die Muffelwildbestände sind nahezu ausgerottet, die des Damwildes sinken. Seiner Einschätzung nach führt diese Entwicklung dazu, dass in Zukunft stärker das Rotwild als Nahrungsquelle frequentiert werden wird. Tottewitz stellte heraus, das die Anwesenheit von Isegrim nach einer angepassten Wildbewirtschaftung verlange. Zuletzt wies er darauf hin, dass die Anzahl der Hegegemeinschaften in den vergangenen Jahren gesunken ist. 2007 existierten im Land Brandenburg 135 Hegegemeinschaften, bis 2016 reduzierte sich ihre Zahl auf 118. Der Landesforstbetrieb sei nur noch in 50 Prozent der Hegegemeinschaften vertreten.

Als zweiter Referent trat Ullrich Hardt, Leiter Oberste Jagdbehörde Brandenburg auf. Er referierte zur Rolle der Hegegemeinschaften aus Verwaltungssicht. Hardt bestätigte die aktuellen Konflikte in vielen HG, die aus den unterschiedlichen Interessen von Land und Kommunen als Waldbesitzer auf der einen und Jägern auf der anderen Seite resultieren. Er sprach sich deutlich für den Fortbestand von Hegegemeinschaften als geeignetes Mittel für eine nachhaltige Wildbewirtschaftung aus, betonte jedoch die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft. Hardt legte großen Wert auf den Kontakt von Jagdausübungsberechtigten und Grundeigentümern.

Martin Rackwitz, Referent Oberste Jagdbehörde Mecklenburg-Vorpommern, gab einen Überblick zur Situation der Hegegemeinschaften in seinem Bundesland. Dort werden jährlich gemeinsame Beratungen von HG und Oberster Jagdbehörde abgehalten. Als beabsichtigten Zweck nannte er die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und zum Management bestehender Konflikte. Laut Rackwitz hat sich diese Praxis bewährt.

Hubertus Kraut, Direktor des Landesforstbetriebes Brandenburg (LFB) referierte zur Rolle der Hegegemeinschaft aus Sicht des LFB. Er stellte noch einmal heraus, dass der LFB den Waldumbau ohne Zäunung anstrebt. Den Umstand, dass der Landesforstbetrieb in nur 50 Prozent der Hegegemeinschaften vertreten ist, begründete Kraut damit, dass die Landesflächen territorial sehr verstreut liegen. Daraus ergäbe sich die unterschiedliche Praxis der Mitgliedschaft in den Hegegemeinschaften. Dennoch sei laut Kraut eine aktive Mitarbeit in den Hegegemeinschaften gewünscht. Seiner Auffassung nach sollten die HG eine ausgleichende Funktion übernehmen, Schulungen anbieten und eine Plattform für den Austausch von Informationen und Erfahrungen bieten.

Jörg Kabelitz, Revierleiter in der Landeswaldoberförsterei Groß Schönebeck und Vorsitzender der Hegegemeinschaft Angermünde – Schwedt, bezeichnete die HG als unverzichtbares Instrument großflächiger Wildbewirtschaftung. Seiner Auffassung nach sei im Land Brandenburg der Waldumbau durchaus ohne Zäunung möglich, wenn die Jagdstrategie entsprechend angepasst werde. In diesem Zusammenhang sprach er von Wildruhezonen als probates Mittel zur Reduktion von Wildschäden. Auch er thematisierte den Einfluss des Wolfes auf die Entwicklung der Schalenwildbestände. Seiner Erfahrung nach würden mit der Anwesenheit von Wölfen die Wildschäden im Wald steigen.

Werner Ludwig, Vorsitzender der Hegegemeinschaft Ruppiner Heide, sprach zum Thema Elektronische Streckenliste als Mittel zur Abschussplanung und –kontrolle. Er stellte die von seiner HG genutzte Software vor, auf die alle Jagdausübungsberechtigten des betreffenden Einzugsgebietes via Login Zugriff haben. Dies erlaube eine genaue Abschussplanung durch eine tagesaktuelle Übersicht des bisher gestreckten Wildes. Dokumentiert werden: Wildart, Altersklasse, Geschlecht, Gewicht, Erlegungszeitpunkt und Nummer der Wildmarke. Auf dieser Grundlage könne sich jeder Jagdausübungsberechtigte jederzeit über die Erfüllung des Abschussplans informieren und sein jagdliches Handeln danach ausrichten. Die Anschaffungskosten bezifferte er auf 350 – 450 Euro. Die jährlichen Wartungskosten veranschlagte er auf 50 bis 100 Euro.

Andreas Kinser, Deutsche Wildtierstiftung, betonte die Rolle der Hegegemeinschaften als Instrument zur Konfliktlösung, stellte jedoch deren derzeitige Praxistauglichkeit infrage. Er empfahl eine Zusammensetzung der Hegegemeinschaften aus Jagdübungsberechtigten und Jagdgenossen zu gleichen Teilen mit einem hauptamtlichen Vorsitzenden.

In der anschließenden Diskussion äußerten die Teilnehmer Kritik an der derzeitigen Überbetonung der wirtschaftlichen Funktion des Waldes zulasten des Hegegedankens. Wild soll auch am Tage erlebbar sein. Darüber hinaus wurde der Wunsch nach einer Unterstützung der Hegegemeinschaften durch die Oberste Jagdbehörde geäußert. Konkret ging es um wissenschaftliche Begleitung sowie um die Bewertung von Lebensräumen bezüglich ihrer ökologischen Qualität. Lob gab es an die Adresse des LJVB für die Organisation der Veranstaltung. Der Vertreter des Waldbesitzerverbandes wies darauf hin, dass durchschnittlich jeder zweite Baum im Land Brandenburg verbissen wird. Dr. Dirk-Henner Wellershoff trug an die Adresse der Obersten Jagdbehörde das Bedürfnis nach einer einheitlichen Streckensoftware für Brandenburgs Hegegemeinschaften heran. In seinem Schlusswort zeigte sich der LJVB-Präsident zufrieden mit der Veranstaltung und kündigte die Fortführung dieses Gesprächsformates an.

Erstling/Schannwell/LJVB