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Jammern hilft nichts

Dr. Wolfgang Bethe im DJZ-Interview (DJZ 09/2014)

Deutsche Jagdzeitung: Brandenburg galt lange Zeit als Vorzeigeobjekt für konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik, Behörden und Landesjagdverband (LJV). Sind diese Zeiten vorbei?
Dr. Wolfgang Bethe: Es wird zumindest nicht einfacher. In jüngerer Vergangenheit wurde der LJV in Entscheidungsprozesse nicht oder unzureichend einbezogen. Auch der Informationsfluss hätte an der einen oder anderen Stelle besser sein können. Kürzlich fand dazu ein klärendes Gespräch mit Agrarminister Jörg Vogelsänger statt, in dem er uns versicherte, die Kommunikation mit dem LJV wieder zu verbessern.
DJZ: Sie haben von der 1. Stunde an diesen Weg als LJV-Präsident begleitet. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für die neue Tonlage in Brandenburg?
Bethe: Es gab in verschiedenen Bereichen personelle Veränderungen. Vor allem haben sich auch die Aufgabenstellungen gewandelt. Offensichtlich ist es uns nicht immer gelungen, bei diesem Wandlungsprozess die traditionell guten Beziehungen ausreichend zu pflegen. Eine erfolgreiche Interessenvertretung ist aber nur möglich bei einer guten Zusammenarbeit. Das heißt nicht, dass man sich nicht die Meinung sagen muss. Aber man sollte mit offenem Visier kämpfen. Wir hoffen, dass wir zu einem solchen Verhältnis zurückfinden.
DJZ: Der jetzige Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke hat vor einigen Jahren die Jägerprüfung abgelegt. Als Fachminister stand er Ihnen häufig zur Seite. Fehlt ihm als Landeschef jetzt dazu die Zeit?
Bethe: Entsprechend seiner Möglichkeiten nimmt sich der Ministerpräsident Zeit. So war er zum Beispiel bei der Mitgliederversammlung seines Heimatverbandes, dem Kreisjagdverband Spree-Neiße-Cottbus, und hat sich in die Diskussion eingebracht. Von einem Ministerpräsidenten kann man nicht erwarten, dass er sich in Detailfragen der Ressorts einmischt. Probleme müssen dort gelöst werden, wo die Zuständigkeiten liegen.
DJZ: Früher zogen Jagd und Forst an einem Strang. Förster engagierten sich in jagdlichen Organisationen. Stattdessen gibt es jetzt auf forstlicher Seite ein starkes Öko-Lager, das die wichtigen Schreibtische besetzt und seine Vorstellungen durchdrückt. Bedeutet das ein Ende des vielgerühmten „Brandenburger Weges“?
Bethe: Jammern hilft nichts. Die Aufgabe besteht darin, dass wir zum „Brandenburger Weg“ zurückfinden. Dies geht nur gemeinsam mit allen Verantwortlichen. Ein deutlich positives Signal sehen wir in einer kürzlich geschlossen Kooperation mit dem Landesbetrieb Forst (LFB): Mitglieder des LJV, die nicht älter als 30 Jahre alt sind, erhalten beim LFB einen Begehungsschein zum halben Preis. Zudem werden wir voraussichtlich den Betrieb eines Schwarzwildgatters vom LFB übernehmen. Das zeigt, dass wir sehr konstruktiv und zum Wohl der Jäger in Brandenburg zusammenarbeiten können. Daran werden wir anknüpfen.
DJZ: Besonders bitterer Streit besteht zwischen LJV und Ministerium bezüglich Verlängerung der Jagdzeit auf Rehböcke. Ist das wirklich ein Punkt, für den es sich von LJV-Seite zu kämpfen lohnt? Schließlich kann jeder Revierinhaber selbst entscheiden, wann er seine Böcke schießen lässt.
Bethe: Wir haben in dem Punkt unterschiedliche Ansichten. Das als erbitterten Streit zu bezeichnen, wäre deutlich übertrieben. Aus unserer Sicht ist die Regelung nicht zielführend. Das zeigen die Abschusszahlen jener Verwaltungsjagdbezirke, in denen die Böcke im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung auf den Drückjagden frei waren. Dort war der Plan unterm Strich für männliches Rehwild deutlich übererfüllt, der von weiblichem deutlich untererfüllt. Wir bedauern, dass unsere Argumente nicht in allen Punkten berücksichtigt wurden. Aber nun ist das Gesetz so, wie
es ist. Ein wirkliches Problem haben wir erst dann, wenn die Möglichkeit dazu genutzt wird, nach dem Motto „Schießen vor Ansprechen“ zu jagen. Wir sind überzeugt, dass die Verantwortlichen solchen Tendenzen entschieden entgegenwirken werden.
DJZ: Mit dem neuen Gesetz entfällt die Pflicht, einen jährlichen Abschussplan für Rehwild bei der Behörde einzureichen. Wie stehen Sie zu dieser Neuerung?
Bethe: Die geht sogar auf eine Forderung von uns zurück. Wir sind froh, dass der Gesetzgeber in diesem Punkt unseren Vorschlägen gefolgt ist und den ursprünglich geplanten Mindestabschussplan aus dem Gesetz gestrichen hat. Das wäre ein reiner Papiertiger, der sowohl Behörden als auch Jägern Arbeit gemacht hätte. Die Verantwortung liegt nun bei jenen, die das Revier und die örtlichen Begebenheiten am besten kennen und betroffen sind: den Verpächtern und Jagdausübungsberechtigten. Allerdings hätten wir es begrüßt, wenn eine schriftliche Einigung zwischen den Parteien festgeschrieben worden wäre. Ähnliche Regelungen wären übrigens auch für Schwarzwild anzudenken.
DJZ: Die Hauptversammlung 2014 in Potsdam war ohne Trophäenschau. Diese soll bei der herbstlichen Jagdausstellung in Liebenberg stattfinden. Viele Delegierte waren enttäuscht. Bleibt es bei dieser Konzeption?
Bethe: Mir sind 2 kritische Wortmeldungen in Erinnerung. Viele Delegierte haben diese Trennung dagegen ausdrücklich begrüßt. In Liebenberg erreichen wir mit unserer Hegeschau viel mehr Menschen als dies im Rahmen einer Delegiertenversammlung möglich ist. Wir werden die Schau dieses Jahr mit noch mehr Hinweis- und Informationstafeln begleiten, so dass sie auch für Nichtjäger eine Werbung für die Jagd sein wird. Weg von einer Knochen- hin zu einer wirklichen Hegeschau mit Öffentlichkeitswirkung. Wo und wie die Delegiertenversammlung abgehalten wird, entscheidet im LJV jedes Jahr das erweiterte Präsidium. In diesem Gremium sind die Vorsitzenden der Kreisjagdverbände vertreten. Vergangenes Jahr haben sich die Teilnehmer einstimmig für die jetzt vollzogene Trennung von Hegeschau und Delegiertenversammlung entschieden. Ob wir dies 2015 so fortführen, werden wir im September sehen. Dann werden wir in Ruhe die Veranstaltungen Auswerten und auf dieser Grundlage entscheiden. Vielleicht fällt uns ja auch eine noch attraktivere Alternative ein.
DJZ: Die Ansprüche an die Jägerschaft werden immer größer. Macht da so eine Aufgabe noch Freude? Und bleibt überhaupt noch Zeit für die persönliche Jagd?
Bethe: Sicher hatte die von mir übernommene Aufgabe in den ersten Jahren nach der Wende einen besonderen Reiz. Damals war alles im Umbruch. Wir konnten schnell und konstruktiv Lösungen finden und das Jagdwesen gestalten. Diese Zeiten haben sich geändert. Inzwischen ist politische Normalität eingekehrt. Damit sind manche Aufgaben kompliziert geworden und verlangen viel Zeit. Da bin ich froh, dass ich die Jagd als Ausgleich habe. Als Mitpächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes bin ich mehrmals in der Woche im Revier – zur Jagd und zur Betreuung.
DJZ: Alle kennen Sie als Kämpfernatur. Seit Gründung des LJVs stehen Sie an der Spitze. Werden Sie sich das nochmal antun? Oder ist schon ein Kronprinz ausgeguckt worden?
Bethe: Die nächste Wahl ist 2016. Bis dahin ist noch viel Zeit. Das Präsidium des LJV wird sich rechtzeitig mit inhaltlichen und personellen Fragen zur neuen Zusammensetzung des Präsidiums befassen.
Die Fragen stellte Frank Rakow, DJZ-Redaktion Ost