Jagdverbände Nauen und Rathenow füllen Kinosaal
Sachliche Aufarbeitung der Themen große Wildarten und Wolf mündet in die „Rathenower Erklärung“ zu Hegegemeinschaften
Ende Februar ist es den beiden Jagdverbänden Rathenow und Nauen im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung gelungen, einen Kinosaal mit über 200 Teilnehmern zu füllen. Die Veranstaltung hatte sich zum Ziel gesetzt, die beiden Themenkomplexe „große Wildtierarten in unseren Kulturlandschaften“ und „das Wiedererstarken der Wolfspopulation im Land Brandenburg“, in einem ausgewogenen Zusammenhang zu setzen. Dass dabei der Wolf in den Fokus drängte, war durch die aktuelle Betroffenheit der Region mit Brandenburgs erstem offiziellen „Problemwolf“ nicht verwunderlich. Begonnen hatte die Veranstaltung mit einem einführenden Vortrag von Prof. Dr. Sven Herzog von der TU Dresden, in welchem er den Umgang mit unseren heimischen Wildtierarten thematisierte. Zustimmung erhielt Prof. Herzog für seine Aussage, dass wir bei der Bejagung unserer Wildtierarten meist den wissenschaftlichen Erkenntnissen 30 Jahre hinterherhinken und daher so manche Jagdstrategie, die wir heute teils großflächig anwenden, kritisch zu hinterfragen sei. Diese These wurde im Hinblick auf die Jagdeffizienz aber auch hinterfragt.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion, die vom Geschäftsführer des „Forums Natur“ moderiert wurde, sollten die verschiedenen regionalen Vertreter der Forst- und Agrarwirtschaft zu Wort gekommen. Die Position für den Landesjagdverband Brandenburg wurde im Podium durch Dr. Frank Tottewitz vertreten. Im Rahmen der Wolfsdebatte wurde dabei schnell deutlich, dass sowohl die Landnutzer, als auch die Öffentlichkeit erwarten, dass die Jagd zur Verfügung steht, wenn es um die Lösung der immer stärker auftretenden Probleme und um die Rückkehr der Wölfe geht. Dabei spielte die Diskussion um eine mögliche Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht eine große Rolle. Frank Tottewitz stellte diesbezüglich deutlich klar: „Wir warten, bis es soweit ist, dann entziehen wir uns nicht der Verantwortung!“
Für den Leiter der Landeswaldoberförsterei Grünaue, FOR Ingolf Basmer stand fest, dass die Wolfspopulation im Süden der Landeswaldoberförsterei die jagdlichen Aufgaben der Förster nicht übernimmt.
Ebenso wurden vielerlei Aspekte diskutiert, die unter Fachleuten und Praktiker Kopfschütteln verursachen. So nahm beispielsweise die Frage einen großen Raum ein, dass gegenwärtig im Rahmen der naturgemäßen Waldwirtschaft konsequent auf Zäune in unseren Wäldern verzichtet werden soll, während man gleichzeitig des Wolfs wegen gerade dabei ist ein staatlich finanziertes Zaunbauprogramm ungeahnten Ausmaßes in der Offenlandschaft aufzulegen. Ferner stand auch die Frage der Entschädigung der betroffenen Tierhalter im Fokus. Dabei wurde kritisch thematisiert, dass gegenwärtig über 100 Anträge von Landwirten auf Entschädigung nach Wolfsrissen vorlägen, deren Bearbeitung gleichzeitig aber über ein Jahr betrüge. Negativ wurde diesbezüglich aufgenommen, dass trotz mehrfacher Anfragen der Veranstalter kein Vertreter des Ministeriums bzw. des Landesamtes für Umwelt bereit war, sich diesen Aspekten auf dem Podium zu stellen. So war es schlussendlich auch der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, Johannes Funke, der die vielfachen Wortmeldungen zu diesem Thema auf den prägnanten Punkt brachte: „Es muss uns gelingen, einen Deckel auf die Wolfsentwicklung zu bekommen!“
Trotz der intensiven Wolfsdiskussion gelang es, auch der Frage nach dem gegenwärtigen „Wildtiermanagement“ unserer Schalenwildarten nachzugehen. Einen besonderen Schwerpunkt nahm dabei die Debatten zu unseren Hegegemeinschaften ein. Aktuell muss ein verstärktes Augenmerk darauf gelegt werden, dass die Hegegemeinschaften die jagdpolitische Unterstützung und den selbstverständlichen Rückhalt für ihr Dasein benötigen. Bei zu beobachtenden Auflösungserscheinungen sollte im Interesse der übergreifenden Zusammenarbeit diesen entgegen gesteuert werden. Im Ergebnis haben die beiden Jagdverbände Nauen und Rathenow die sogenannte „Rathenower Erklärung: Großwild und Wölfe -wie gehen wir zukünftig mit den Arten um!“ publiziert. In jener Erklärung, die sich auf der Internetseite des Landesjagdverbandes downloaden lässt, sprechen sich die Jagdverbände deutlich dafür aus, dass es im Kontext vorhandener und zurückkommender Arten einer intensiven Befassung mit der zukünftigen Nutzung des Instruments der Hegegemeinschaften bedarf. Wie auch schon in der Podiumsdiskussion deutlich geworden war, müsse es dabei vor allem darum gehen, dass die Hegegemeinschaften nicht nur für wenige, ausgesuchte Schalenwildarten, sondern für alle zu managenden Tierarten innerhalb einer zusammenhängenden Gebietseinheit zuständig sein sollen. In der Tat ist es lohnenswert der Frage nachzugehen, inwieweit Hegegemeinschaften zukünftig im Rahmen eines umfänglichen Managements der Arten und des damit einhergehenden Bedarfs an einem Monitoring deren Bestände, ein Instrument sein können, welches viel umfänglicher im Fokus einer modernen Jagdstrategie stehen sollte.
Die Rathenower Erklärung finden Sie unter:
https://www.ljv-brandenburg.de/11887-2
Gregor Beyer, Stefan Meyer, Frank Wilke