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80-prozentige Senkung von Wildunfällen

Brandenburgischer Jäger entwickelte funktionierende Wildtierampel

Weil er wieder häufiger durchschlafen und den Abschussplan nicht den Autofahrern überlassen wollte, entwickelte ein brandenburgischer Jäger eine funktionierende Wildtierampel.
Abenddämmerung in einem sächsischen Wald: Ein erfahrener Autofahrer ist auf der Landstraße unterwegs, als von rechts ein Rehbock aus dem Wald springt, der Zusammenprall von Kreatur und Maschine ist praktisch unvermeidlich. Die Fahrzeuginsassen kommen mit dem Schrecken davon. Das Auto muss abgeschleppt werden, der ortsansässige Revierpächter wird mal wieder zum Unfallort gerufen. In dieser Nacht muss er keinen Fangschuss antragen, der Bock ist tot.
Auch Detlef Roggan ist einer der Jäger, die mehrfach zu Wildunfällen gerufen werden. Um sein Schlafdefizit zu minimieren und den häuslichen Frieden zu sichern, sann er auf Abhilfe. Aus seinem jagdlichen Wissen heraus, suchte er nach einem Weg, Wildtiere von befahrenen Straßen fern zu halten. „Klar, die Farbe Blau signalisiert dem Wild Gefahr“, sagt der Revierpächter aus dem brandenburgischen Dahme-Spree-Kreis. Doch wie er weiß, nimmt das Wild ein breiteres Lichtspektrum war und kann Blau- bis Grüntöne wesentlich besser differenzieren als das menschliche Auge. Zudem weiß er um das Bewegungssehen des Wildes und den Gewöhnungseffekt, der sich bei Wildtieren alsbald einstellt.
Die Wildtierampel blitzt unberechenbar – in alle Richtungen

Mit diesem Wissen in Hinterkopf entwickelte er seinen Multi-Wildschutz-Warner, der verschiedene Funktionen und Reflektoren in einem Bauteil vereint. Der Wirkungsradius beträgt volle 180° und kann optional auf 360° erhöht werden. Der obere Teil ist in einer Halbkreisform ausgebildet. Dieser Teil ist mit einer blauen Folie ummantelt, die eine umlaufende Reflektion gewährleistet. Das Material besteht aus Prismenflächen, die in verschiedene Richtungen ausgerichtet sind. Deren Reflektionen erreichen Wildtiere in jeder Position.
Der eigentliche Clou an Roggans Erfindung sind die im unteren Bereich angebrachten wabenförmigen und verschiedenfarbigen Reflektoren. Roggan erklärt dazu: „Die Reflektoren erzeugen Lichtblitze, welche die Aufmerksamkeit der Wildtiere erregen. Das sich ständig verändernde Lichtbild nehmen die Wildtiere als Bewegung wahr.“ Mehr als 100 Nächte hat der tüftelnde Jäger an der Landstraße das Verhalten des Wildes an seinem Lichtzaun beobachtet. „Ich wollte auf das stark ausgeprägte Bewegungssehen der Wildtiere abzielen und habe Erfolg gehabt“, erzählt Roggan. Nimmt das Wild die Lichtblitze war, verhofft es und lässt vorbeifahrende Fahrzeuge passieren. Die bis zu 156 verschiedenen Lichtblitze je Einzelreflektor wirken wie eine Ampel – eine Wildtierampel. „Nach über vier Jahren Entwicklungszeit können wir belastbar eine 80-prozentige Senkung von Wildunfällen an drei ausgewählten Straßen nachweisen“, berichtet Roggan.
Um dem Gewöhnungseffekt vorzubeugen, sind die Reflektoren in Farbtönen des gesamten sichtbaren Lichtspektrums, welches Wildtiere wahrnehmen können, ausgelegt. Außerdem variiert die Anordnung der farbigen Reflektoren. Dadurch wird ein sich immer änderndes individuelles Lichtbild in jedem einzelnen Multi-Wildschutz-Warner erzeugt. Auf einer mit Multi-Wildschutz-Warnern ausgestatteten Straße sind somit immer unterschiedliche bewegliche Lichterscheinungen für das Wild wahrnehmbar.
Im oberen Bereich der Wildtierampel ist zusätzlich ein leicht zugänglicher Schwamm zur Aufnahme eines Wildvergrämungsmittels eingelassen. Durch dessen Einsatz kann gezielt zu bestimmten, stärker gefährdeten Jahreszeiten, wie der Brunft-, Blatt- und Rauschzeit, ein Duftzaun als zusätzliches Mittel zum Fernhalten der Wildtiere erzeugt werden. „Dauerhaft sollte man keinen Duftzaun errichten“, meint Roggan und erläutert.“ Die Gewöhnungseffekte treten alsbald ein und besonders empfindliches Wild verlagert je nach Windrichtung seinen Lebensraum.“
Aus der Region für die Region
Nachdem der tüftelnde Jäger sah, dass seine Idee funktioniert, fand Roggan einen Produzenten, der seine Erfindung zur Serienreife entwickelte und die Lichtausbeute der Reflektoren sogar noch steigern konnte. Nicht im Fernen Osten sondern im heimischen Brandenburg werden die Wildschutzampeln nun produziert. „Inzwischen bekundet auch das Bundesministerium für Verkehr Interesse“, sagt Thomas König, Geschäftsführer der Motzener Kunststoff- und Gummiverarbeitung. Die Nachfrage sei größer als erwartet und derzeit noch durch seinzelne Jäger und Jagdgenossenschaften bestimmt. Durch Presseberichte aufmerksam geworden, interessieren sich mittlerweile einige Gemeinden und Landkreise für den Multi-Wildschutz-Warner, auch Großhändler wollen die blaue Ampel vertreiben. Derzeit liefern König und Roggan nur im Direktvertrieb aus.

Internet
www.multiwildschutzwarner.de
Kontakt:
Motzener Kunststoff- und Gummiverarbeitung GmbH
Mittenwalder Straße 79
D-15749 Mittenwalde OT Motzen
Detlef Roggan, Jäger und Wildtierkenner
Telefon: 03 37 66/ 6 27 22
Mobil: 01 73/ 2 76 81 17
Matthias König, Projektingenieur
Telefon: 03 37 69/ 8 94 45
Mobil: 01 63/ 3 72 80 31
E-Mail: matthias.koenig@kunststoff-gummi.de

Info:
Jährlich finden bundesweit etwa 250.000 Stück Schalenwild auf Deutschlands Straßen den Tod, bei einer Sachschadenssumme von ungefähr einer halben Milliarde Euro. Und das ist nur die registrierte Zahl – die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Betroffen machen vor allem jedes Jahr rund 50 Todesopfer und mehr als 3.000 Verletzte in Folge von Wildunfällen.